„Die Justiz sucht die Wahrheit, die Medien oft nicht.“

„Die Justiz sucht die Wahrheit, die Medien oft nicht.“

.. sagt die Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun beim Talk im ÖJC-Pressesalon am 30.10.2023 zum Thema „Litigation PR“. Dabei handelt es sich seit den 1980er Jahren in den USA als „prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit“. Wieweit ist diese bereits in Österreich angekommen? Wird sie von heimischen Medien, aber auch von Politikern (Stichwort „Kurz-Prozess“) angewandt? Dazu der „Talk im Salon“ mit Mag. Katharina Wagner und ÖJC-Präsident Ing. Norbert Welzl.


„Justiz und Medien haben dasselbe Feld, sie sind beide mit Kriminalfällen beschäftigt. Nur die Justiz ist dazu da, die Wahrheit zu finden, was auch immer diese Wahrheit ist. Medien verfolgen oft auch kommerzielle Gründe“, bringt Mag. Braun die unterschiedliche Interessenlage plakativ vor.

Litigation-PR ist eine Spezialisierung in der Öffentlichkeitsarbeit bei Zivil- und Strafverfahren, die medial im Fokus stehen. Ihr Ziel ist es, Richter, Schöffen, Geschworene und Staatsanwälte mit Hilfe der Öffentlichkeit emotional zu beeinflussen. In den USA ist es daher schon seit Jahrzehnten üblich, dass in solchen Verfahren neben der rechtlichen Beratung durch Rechtsanwälte auch Kommunikationsexperten hinzugezogen werden.

ÖJC-Präsident Welzl sieht Litigation-PR auch in Österreich längst angekommen. So wurden aktuelle glamouröse Strafprozessfälle im heurigen Jahr mit Litigation-PR begleitet. Sogar zivilrechtliche Scheidungsprozesse von prominenten Personen bei einem Zivilgericht und auch verwaltungsrechtliche Vorgänge wie Baurechtsangelegenheiten wurden bereits medial begleitet oder sogar vorprozesslich eingeleitet.

„Der Betroffene kämpft im Verfahren parallel an zwei Fronten. Er muss sich nicht nur dem gerichtlichen Verfahren stellen, sondern auch dem ‚Gerichtssaal der Öffentlichkeit'“, so Katharina Braun. Was in Österreich zuletzt sehr gut beim Prozess von Florian Teichtmeister zu beobachten war.

Ziel der Litigation-PR ist, einer medialen Vorverurteilung entgegenzuwirken und die Reputation des Mandanten zu schützen. Schon die Berichterstattung über eine Hausdurchsuchung oder den Start von Ermittlungen kann erhebliche Auswirkungen auf das berufliche Fortkommen haben.

Denn auch wenn in Berichten stets auf den offenen Verfahrensausgang und die Unschuldsvermutung verwiesen wird, bildet sich in der Öffentlichkeit binnen kürzester Zeit eine Meinung. Nachdem Zivil- und Strafverfahren Jahre dauern können, bleiben die Folgen negativer Berichterstattung für den Betroffenen oft sogar dann, wenn er vor Gericht gewinnt oder freigesprochen wird.

„Prominente wären sehr böse gewesen, wenn deren Scheidungsverfahren in die Öffentlichkeit gekommen wären. Und es gibt oft auch noch Kinder, die unter der Öffentlichkeit zu leiden haben. Da möchte ich mich als Rechtsvertretung meines Mandanten noch in den Spiegel schauen können“, meint Mag. Braun. „Man muss nicht immer gleich in die Medien gehen, alleine die Androhung einer Publikmachung kann ein Verfahren schon entsprechend beeinflussen“.

Ein spannender Abend über die Welt der Litigation-PR, wie man sie erkennt und wie man damit umgeht. Wobei vor allem uns Journalisten eine verantwortungsvolle Position zukommt. „Denn in der öffentlichen Meinung ist ein Urteil aufgrund der medialen Berichterstattung schneller und einprägsamer gefällt als durch das echte Gericht, gepaart mit einem erheblichen Reputationsschaden“, so die Anwältin.

Einen Video-Zusammenschnitt dieses „Talks im Salon“ gibt es hier auf dem ÖJC-youtube-Channel!


Mag. Braun im Gspräch mit ÖJC-Präsident WelzlMag. Katharina BraunVideoaufnahme Talk mit Mag. BraunÖJC-Präsident mit Mag. Braun