Falsche Bilder und blühende Wüsten

Falsche Bilder und blühende Wüsten

Mit der Frage „Wissen Journalisten zu wenig über die Hintergründe des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern?“ beleuchtete der Österreichische Journalisten Club beim Talk im Pressesalon am 5.12.2023 die historischen Ursachen des Nahost-Konflikts. Vor einem interessierten Publikum vor Ort wie auch online im Livestream. 


Die Frage, ob Journalisten Wissenslücken in Bezug auf den Nahost-Konflikt haben, konnte Nadine Sayegh, Wienerin mit palästinensischen Wurzeln, beim ÖJC-Talk definitiv mit „Ja“ beantworten. Aber stehen Journalisten genügend Hintergrundinformationen zur Verfügung? Birol Kilic, Publizist und Verleger mit türkischen Wurzeln, räumt ein, dass das nicht immer der Fall ist und dass Journalisten eben nicht Experten auf jedem Gebiet sein können – erkennt aber auch eine Schieflage in der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt.

Als palästinensische Christin sieht Sayegh die palästinensische Seite in der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt wenig bis gar nicht repräsentiert. Vor allem wenn es um die geschichtliche Aufarbeitung geht. „Ich denke, dass die Medien immer eine Schlagseite pro Israel haben. Ich denke dass das Kapitel, die Staatsgründung Israels und was das wirklich für eine Bedeutung für die Palästinenser hatte und noch immer hat, dass das so gut wie nie erwähnt wird.”

Die in Beirut geborene Nadine Sayegh ist Autorin des Buches „Orangen aus Jaffa“, in dem sie die Kindheit ihres Vaters Nicolas in Palästina und die Zeit vor der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 beschreibt. Sie ortet die Ursache für das fehlende historische Verständnis bereits im Geschichtsunterricht an der Schule. So hätte sie in ihrer Schule in Wien nie etwas über die „Nakba”, die Vertreibung der Palästinenser im Zuge der Staatsgründung Israels im Jahr 1948, gelernt.

Birol Kilic stellt den Dokumentationen, die es aktuell über den Nahost-Konflikt gibt, durchwegs ein sehr gutes Zeugnis aus. Eine Ansicht, die Sayegh nicht teilt. Bei der Diskussion im ÖJC wurde auch als Beispiel ein Ausschnitt aus einer Dokumentation des deutschen TV-Senders ZDF eingespielt. Darin waren historische Aufnahmen vom ersten Zionistenkongress in Basel mit Männern im Frack und danach Aufnahmen von Menschen aus Palästina während der Herrschaft des osmanischen Reiches zu sehen. „Ich bin eigentlich entsetzt, man hat diese große Konvention gesehen, wo alle im Frack dort sind und mit weißer Fliege und die Araber am Boden betend, mit Fez und Turban. Und dann werden diese beiden Gesellschaften gegeneinander gestellt. Die Hochkultur und die anderen, die am Boden sitzen“, so Sayegh. Bilder hätten hier einen enormen Einfluss auf die Wahrnehmung des Publikums. So zeigte Sayegh dann die Fotos von ihrer palästinensischen Familie aus dieser Zeit, die genauso gekleidet waren wie die Europäer.

Jedenfalls wäre es nicht so gewesen, dass die Juden gekommen wären und die Wüste zum blühen gebracht hätten. „Die Wüste hat schon geblüht und zwar nicht schlecht und mit nicht wenigen Palästinensern, die dort gelebt haben“, resümiert Sayegh.

Die Highlights in einer kurzen Zusammenfassung des ÖJC-Talks können sie hier sehen: Ursachensuche des Nahostkonflikts – Talk Highlights ÖJC Den gesamten Talk zum Thema gibt’s hier: ÖJC Livestream: Ursachensuche des Nahostkonflikts. 

Text: Liza Ulitzka
Fotos: Christian Stöger
Video-Team: Manuel Bogataj, Eve Roth, Alexander Grossauer


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