„In Wien machen es alle!“

„In Wien machen es alle!“

„Nämlich spionieren.“ Das sagt Mag. Erich Möchel im Gespräch mit ÖJC Präsident Ing. Norbert Welzl am 22.5.23 im ÖJC-Pressesalon. Anhand von recht illustren Beispielen erläuterte Moechel die Welt der Geheimdienste, Schlapphüte und der elektronischen Überwachung.


Was das zweitälteste Gewerbe betrifft, wurde bei diesem „Talk im Salon“ die Welt der Nachrichten- und Geheimdienste eindrucksvoll beschrieben. „Grundsätzlich greift man auf OSINT (Open Source Intelligence) zu, das sind allgemein zugängliche Quellen, die im Internetzeitaler eine Fülle an Informationen bieten, die man früher mühsam mit  Human intelligence persönlich beschaffen musste“, so Möchel. „Letztlich benötigt man aber immer noch Menschen, die die abgefangenen Informationen bewerten und beurteilen müssen, insbesondere was die nationalen Kulturen und Dialekte betrifft. Auch für die Auswertung des IBIZA-Videos mussten österreichischen Journalisten die deutschen Journalisten unterstützen, um das vermutlich berühmteste Urlaubsvideo der österreichischen Innenpolitik analysieren zu können.“

Möchel ist ÖJC-Mitglied und Preisträger des Dr. Karl Renner Publizistikpreis, Mitglied im Board of Advisors von Privacy International, Mitbegründer des ersten österreichischen Big Brother Awards 1999, der „Quintessenz“ („Verein zur Wiederherstellung der Bürgerrechte im Informationszeitalter“) und Gründungsmitglied von „European Digital Rights“, des Dachverbands europäischer Bürgerrechtsorganisationen im digitalen Zeitalter. Seit dem Ende der vom ORF herausgegebenen Futurezone im Jahr 2010 arbeitete Mag. Moechel bis Ende 2022 beim Onlineauftritt von FM4. Dort bearbeitete er die Themen Überwachung und Datenschutz mit Schwerpunkt bei der EU sowie Verschlüsselung, Hochfrequenztechnik und militärische IT und schreibt nun für heise.de.

Es ist von seiner akademischen Laufbahn her Linguist und Literaturwissenschaftler ohne formelle technische Ausbildung und sieht die Geisteswissenschaft und Technikwissenschaft untrennbar verbunden. Möchel hat ein Amateurfunkrufzeichen und befindet sich in der „Kilowattklasse“. Seit 1995 ist er im Netz journalistisch zu Hause, sieht das als seine ideale Plattform an und hat sich von der holzverarbeitenden Papierindustrie verabschiedet, da das Internet für ihn das schnellste Medium und jederzeit korrigierbar ist.

Anhand von Fotos, die die MA 41 für Luftaufnahmen erstellt hat, recherchierte Moechel penibel die ominösen Antennen und „Dachhütten“ auf den Botschafts- und Delegationsgebäuden Wiens, in denen sich die zahlreichen Abhörantennen der Funkaufklärung verbergen, wie er auch anhand von Beispielen im ÖJC erläuterte.

Weiters sieht er eine Ähnlichkeit der Arbeiten von Nachrichtendiensten und Journalisten, da letztere für Ihre Arbeit ebenfalls Recherchen nicht nur bei OSINT-Quellen anstellen, sondern auch mit Akribie das Archiv durchstöbern und sich fragen, „passt das alles zusammen?“

Abschließend hebt Möchel den wichtigen Unterschied zwischen Boulevard und dem öffentlich-rechtlichen ORF hervor. Gerade bei dieser Informationsüberflutung ist es wichtig, dass man nicht den Überblick über die wichtigen und relevanten Nachrichten verliert. „Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass auch schon die vernetzen Heimgeräte das Nutzungsverhalten seiner Benutzer ausspionieren und zum Gerätehersteller schicken.“ Stolz nennt er ein HUWAEI-Mobiltelefon sein eigen, das keine Google-Apps drauf hat. „Damit ist es sicher vor den Amerikanern, dafür bekommen halt die Chinesen meine Daten.“

Eine Kurzversion des Video-Livstreams gibt es unter diesem Link zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=CmJMlV1HHh8

Text: Norbert Welzl
Fotos: Christian Stöger


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